There is no Business like Show Business…

Dieter Dahmen: Show Man und Spaßmacher

Es begab sich also im Juni zu Wien, dass man zur Verleihung des „Staatspreises Marketing 2015“ in die Aula der Wissenschaften lud. Einlader war der Österreichische Marketingverband (AMC) unter Georg Wiedenhofer, ein Zusammenschluss aller Marketingclubs dieses Landes. Als Key Note-Speaker hat man sich Dietmar Dahmen eingeladen. Dietmar wer? Gleich mal googeln… ah, auf der Homepage des Eröffnungsredners findet sich folgender Eintrag: „Dietmar Dahmen begann als strategischer Planer (Lintas) wurde dann Creative Director (DDB-Heye), dann Executive Creative Director (Ogilvy) und schließlich Chief Creative Officer und Managing Director (BBDO). Heute arbeitet er als freier Creative Consultant für (meist) internationale Unternehmen…“

Ein Genie! Gleich nach der Geburt ohne Ausbildung (auch im Xing Profil findet sich kein Eintrag dazu) in die strategische Planung eines der weltgrößten Werbeagenturen… Das nenne ich einen fulminanten Start ins Berufsleben. Der Werdegang danach ist natürlich auch nicht verachtenswert. An anderer Stelle  findet man Folgendes: „Dietmar macht seit über 20 Jahren Marken, Marketing und Werbung“. Marketing? Echt jetzt? Bloß wo? Nein, Werbung ist nicht dasselbe wie Marketing, das hatten wir schon an anderer Stelle. Nur nicht zu viel den Kopf zerbrechen, der Marketeralltag ist ohnehin hart genug (ob das Herr Dahmen weiß?). Da darf ein bisschen Show zur Ablenkung nicht fehlen. Die Show wird selbstredlich geboten und gipfelt in der bahnbrechenden Erkenntnis „Um am Markt zu bleiben, müssen Sie Erwartungen erfüllen. Um den Markt zu führen, müssen Sie das Unerwartete tun„. Danke. DAS ist also Marketing. 😉

Ich gebe zu, ich habe ein Faible für die leiseren Fachleute  der Zunft. Da hat es Herr Dahmen als Selbstvermarkter leider nicht leicht bei mir. Aber er wird es verschmerzen können, immerhin ist er gern gesehener und viel gebuchter Redner. Kommen wir nach Spiel und Spaß zum „Hauptact“ des Abends – der Verleihung des Staatspreises.

And the „Staatspreis“ goes to…

So einfach ist die Sache nicht. Es gibt deren sechs Kategorien mit jeweils drei Finalisten aus denen der jeweilige Kategoriensieger gekürt wird. Dann gibt es noch Sonderpreise für die Bereiche Dialogmarketing (warum eigentlich?) und  „Beste Start-up Stratgie“ (finde ich cool). Ja und dann ist da eben noch den Staatspreis an sich. Ich vermute mal, den kann nur ein Kategoriensieger verliehen bekommen. So genau geht, das aus den Ausschreibungsunterlagen nicht hervor.

Da findet sich lediglich folgender Satz: „Ausgezeichnet wird innovatives strategisches Marketing, das die Wertschöpfung im Unternehmen nachhaltig erhöht. Im Fokus stehen dabei ganzheitliche Marketingleistungen.“ Wie sich die ganzheitliche Marketingleistung definiert, ist zumindest mir nicht klar. Alle 4 Ps bespielen? Positionierung und 360-Grad Umsetzung? Gibt es einen Kriterienkatalog? Gibt es Schwerpunkte? „Qualität, betriebswirtschaftliche Relevanz und Innovationsgrad“ sollen honoriert werden, aber anhand welcher Kenngrößen?

Jedenfalls entscheidet eine Jury bestehend aus „Marketingexperten aus Wirtschaft und Wissenschaft“ unter Führung des Grazer Univ. Prof. Dr. Thomas Foscht vom Institut für Marketing.

Der Staatspreis erging jedenfalls an einen Hersteller von Traktoren, nein nicht Steyr. Das Tiroler Familienunternehmen Lindner Traktoren wurde für die „Einführung des ersten stufenloser Standardtraktor mit  lenkender Hinterachse“ ausgezeichnet. Ich habe natürlich keine Ahnung, ob die Auszeichnung zu recht zuerkannt wurde, aber irgendwie klingt die Sache gut. Familienbetrieb, eine echte Innovation, marketinggetriebene Produkteinführung mit Lead-User Ansatz, viralem Marketing (vermutlich neben anderen Bausteinen des Marketing-Mix) begleitet von permanenentem Marketing-Controlling. Als Ergebnis ein schönes Umsatzplus (hoffentlich auch ein Gewinnplus). DAS ist Marketing Herr Dahmen. Sieht nach Köpfchen und echter Arbeit aus. 😉

In der Tabelle finden sich Videos und Fotos mit allen Finalisten und Kategoriensiegern. in Fettschrift die jeweiligen Kategoriesieger,

Ein Fazit

Österreichischer Marketing Verband

Ich habe den Eindruck, der Marketingpreis wurde aus einem Dornröschenschlaf geweckt. Nicht alles war perfekt, wie auch im Interview des Veranstaltungsteams Georg Wiedenhofer, Bettina Tschann und Niko Pabst nachzulesen ist. Neben den vagen Beurteilunskriterien fand ich persönlich auch die Zuordnung zu den verschiedenen Kategorien manchmal nicht nachvollziehbar. Ein Miettextilreiniger in der Kategorie „Produktion“? Gewürzmischung in der Kategorie „Handel“? Und ein „Unternehmen“ wie die Create Connections Networking & Lobbying GmbH, gesponsert von Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, Stadt Wien, eco plus usw. in der Kategorie „Kleinunternehmen“ auszuzeichnen, ist einigermaßen gewagt. Kann es sein, dass, um beim letzten Beispiel zu bleiben, da ein Jurymitglied….? Nun, es war ja ein Sonderpreis. Sonderbar. Und noch einen Sonderpreis gab es für die Kämmerer, den der Jury…klarerweise. Nun ja, manchmal gewinnen halt doch die Selbstvermarkter. Zumindest kurzfristig. 😉

Natürlich war der Event zu lang, die Videopräsentation eher retro, die Nachvollziehbarkeit der Preisverleihungen nicht unbedingt klar. Schön wäre auch ein kleiner Katalog, in dem man die Preisträger und ihren jeweiligen Marketingansatz vorstellen könnte. Warum gibt es keine Kategorie „New Economy“ (um einen veralteten Begriff rund um das Thema Internet zu verwenden)? Ich hätte auch nichts gegen ein ersatzloses Streichen des „Showblocks“, stattdessen könnte man dem Staatspreisträger eine größere Bühne geben.

Peter Drucker: Vordenker und Ökonom

Dennoch, Daumen hoch für die Veranstaltung und den AMC. Man sieht das Bemühen des Veranstaltungsteams, Marketing (wieder) den gebührenden Platz in der Welt der Wirtschaft verschaffen zu wollen. Wie sagte Peter Drucker  so schön, “ Unternehmen haben nur zwei Aufgaben, Innovation und Marketing.“ Wenn wir Innovation unter dem P wie Produkt subsummieren, bleibt nur mehr…eben. 😉

PS: Fotos zum Event (von Klaus Prokop) gibt es hier zu sehen. Ebenso die offizielle Presseaussendung des AMC.