Das Start-up und die Marke (2)
Teil zwei des Nachberichts zum ersten „After work breeze“ des Brand Club Austria.
Michael Schuster, Gründer und Partner von Speedinvest, des Österreichischen Seed Investment Fonds:
- „Logo kann notwendig sein, um Vertrauen zu bilden (‚fake it till you’ll make it‘)“: Also im Sinne von, tu so – auch mit einem Logo bzw. dem Corporate Design – als wärst Du ein Großer. Gar nicht so sehr, um zu blenden – Investoren sind ja keine Greenhorns, sondern wissen, was von Startups zu erwarten ist und was nicht – sondern einfach, um eine minimale Kompetenz an Vermarktungstalent nachzuweisen.Die Betonung sollte bei der Aussage von Schuster wirklich auf dem Wort „kann“ liegen. Geniale Produktideen setzen sich mitunter auch ohne Logo durch – „Place“ (also Verkauf) spielt hier im Marketing Mix neben „Product“ die entscheidende Rolle. Vertrauen beim Konsumenten zu gewinnen dauert aber. In der Pitching-Situation jedoch kann als vertrauensbildende Maßnahme ein stimmiges Logo dazu beitragen, dass der Investor einen zweiten Blick auf die hoffentlich auch anderwärtig (Produkt! Team!) hübsch geschmückte Braut wirft.
Übrigens das „fake it till you‘ll make it“ erinnert entfernt an den Lean startup Ansatz, mit dem INiTS seine Startups auf die erfolgreiche Reise zu potentiellen Kunden schickt. Das „minimum viable product“ wird erst durch systematisches Kundenfeedback zur Verkaufsreife gebracht. Oft gibt es in dieser Phase noch nicht einmal ein Produkt!
- „Die Bedeutung der Marke ist vom Produkt abhängig“: Auf lange Sicht (siehe auch oben) ist es immer hilfreich, an seiner Persönlichkeit (sprich Marke) zu feilen und sie ins rechte Licht zu rücken. Ganz egal, ob es sich um ein Konsum (B2C)- oder Investitionsgut (B2B) handelt. Und nochmals, Marke ist nicht Logo.
- „Ein USP ist aus Sicht des Investors zentral, um zu investieren“: D’accord. Es stellt sich die Frage, was ein USP ist. Die meisten Unternehmen haben nämlich genau KEINEN USP und das macht auch nichts, wenn sie gut geführt sind. Zumindest eine Zeitlang. Startups sollten übrigens schon einen USP haben. Warum sonst sollten sich Investoren, Kunden und zukünftige Mitarbeiter für den Newcomer interessieren? Natürlich kann auch eine Marke ein USP sein. Aber wir haben gelernt, für den Markenaufbau braucht es Zeit. Das widerspricht dem jungen Alter von Startups, die eben erst dem (INiTS) Inkubator entschlüpft sind und auch der Notwenigkeit, schlicht rasch zu wachsen und dabei zu überleben (Stichwort Cashflow!). Oder anders gesagt, zuerst gehen lernen, dann eine Persönlichkeit entwickeln.
- „Marke ist Luxus für Großunternehmen“: Das sehe ich als Marketer natürlich nicht so. Marke kann nie Luxus sein. Habe ich ein überlegenes Produkt, das sich von selbst verkauft, so könnte man meinen, es braucht keine Marke. Nur, dann ist aber eben das Produkt die Marke (ich erinnere an das Schlagwort der generischen Marke). Und habe ich kein überlegenes Produkt, ist Marke erst recht überlebensnotwendig.
- „Für Startups ist Vertrieb essentiell, Marke nicht:“ Stimmt. 😉
Ohne jetzt zu sehr auf die theoretischen Hintergründe einzugehen, Marke ist natürlich mehr als bloß die Summe von Produkteigenschaften, Logos, Farben, Verpackung usw. Wie Philip Kotler sagt, umfasst Marke darüber hinaus einen bestimmten Nutzen und verkörpert klare Werte. Summa summarum, so Kotler, formen sich all diese Bestandteile zu einer Markenpersönlichkeit.
Man kann sich also Marke als eine Person mit ausgeprägten Charaktereigenschaften vorstellen, die einen „Eindruck“ beim Gegenüber hinterlassen. So wie das Brandmal beim Rind des Farmers, hinterlässt die Marke Spuren in der Wahrnehmung der Zielgruppe. Und zwar durchaus irrationale. Ein Brandzeichen im Sinne eines Logos (Trademark) ist zwar schnell eingebrannt (mittels Werbedruck!), aber die dazugehörigen vom Konsumenten wahrgenommenen Eigenschaften wollen verdient werden. Das Fleisch wird erst dann als schmackhaft, saftig etc. wahrgenommen, wenn der Kunde es genossen hat. Und zwar immer wieder. Hier genügt nicht das einmalige Geschmackserlebnis, sondern die Erwartungshaltung will immer wieder bestätigt werden, auch durch das dritte „P“ im Marketing Mix (Promotion). Letztendlich können sich dazu auch die gewünschten Bilder im Kopf des Konsumenten manifestieren (natürlich, vertrauenswürdig, edel, ‚anders‘ usw.).
Fazit? Von Marke und Startup in einem Atemzug zu reden ist kaum möglich. ABER, um sich zu differenzieren und einen Eindruck bei der allerersten Zielgruppe zu hinterlassen (den Investoren, den early adopterns) machen einzelne, untereinander stimmige Markenbestandteile mehr als Sinn. Dazu gehören im Sinne Kotlers Produkteigenschaften, Produktnutzen und das eine oder andere optische oder auch haptische Element wie dies auch ein Logo ist.
Abschließendes Beispiel: Michael Schuster von Speedinvest brachte das Exempel eines Startups, das als Anbieter exquisiter Spirituosen Warenproben herstellen ließ, die sich aufgrund ihrer Verpackung im wahrsten Sinne des Wortes besonders anfühlten. Somit wurde bei der Zielgruppe (Investoren, innovators, early adopters) einerseits Aufmerksamkeit geweckt, aber auch ein erstes Indiz für die zu erwartende Produktqualität geliefert.
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